Kanarische Inseln – Die Coronapandemie hat uns alle nicht nur eingesperrt und mit harten Maßnahmen das Leben erschwert sowie vielen Menschen bisher das Leben gekostet, diese zeigt auf den Kanarischen Inseln auch ein großes Problem auf, welches hier seit Jahrzehnten nicht beseitigt wurde, die Armut. Alleine durch die Coronapandemie wurden im Jahr 2020 rund 200.000 Menschen auf den Kanarischen Inseln an die Grenze zur schweren Armut oder in die komplette Armut geschickt. So geht es aus dem 11. Bericht „Der Zustand der Armut: Überwachung des europäischen Indikators für Armutsrisiko und Ausgrenzung“ hervor, der gestern vorgestellt wurde.
Der Bericht wird vom europäischen Netzwerk zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (EARN) erstellt. Aus dem Bericht geht hervor, dass 36,3 % der kanarischen Bevölkerung von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, dies entspricht 810.900 Einwohnern der Inseln und somit 4 % mehr als noch im Jahr 2019. Faktisch bedeutet dies, dass alleine im ersten Pandemie-Jahr 37.900 Menschen erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen mussten.
Noch schlimmer sieht es bei den Menschen aus, die in schwerer Armut leben, die Zahl dieser Personen ist im vergangenen Jahr sogar um ganze 49 % gestiegen. Dies bedeutet, dass derzeit 373.600 Menschen auf den Kanarischen Inseln von weniger als 535 Euro im Monat leben müssen, ein Anstieg von 147.500 Personen, verglichen zu 2019.
In ganz Spanien liegen die Kanarischen Inseln dadurch auf dem zweiten Platz bei den Menschen, die von Armut bedroht sind und auf dem ersten Platz bei der Zahl der Menschen, die bereits in schwerer Armut leben müssen. Der Präsident des Netzwerkes auf den Kanaren, Juan Carlos Lorenzo, wies bei der Präsentation darauf hin, dass die Einkommensdaten jedoch nicht aus dem Jahr 2020 stammen, da diese nicht offiziell erfasst wurden aufgrund der Pandemie. Aber die Angaben zu materiellen Verlusten seien korrekt. Daher sei es sehr wahrscheinlich, dass im nächsten Jahr der Bericht noch schlimmer ausfallen wird.
Massive Unterschiede auf den Inseln
Die Coronapandemie habe eine „größere Verwüstung für schutzbedürftige Menschen“ verursacht, so Lorenzo weiter. Er will gar von zwei „Frakturen“ sprechen. Die eine „Fraktur“ befindet sich im Gefälle zwischen Nord uns Süd, denn die Kanaren haben in den nördlichen Gemeinden die Pandemie unter dem Schnitt besser überstanden als im Süden. Die zweite „Fraktur“ sei das Gefälle zwischen Arm und Reich. „Die soziale Kluft zwischen denen, die mehr haben und denen, die weniger haben, hat sich deutlich vergrößert. Das Einkommen der 20 % reichsten Menschen auf den Kanaren ist um das 5,8-Fache höher als das der ärmsten 20 %“.
Er kommt daher zu dem Entschluss, dass „wir zurückgeworfen wurden, die im Jahr 2019 ins Stocken geratenen Entwicklungen wurden durch die Pandemie zurückgeworfen und wir sind zu früheren Zahlen zurückgekehrt“. Der Bericht zeigt klar auf, dass die Zahl der durch Armut und soziale Ausgrenzen bedrohten Menschen auf den Kanarischen Inseln im ersten Corona-Jahr 2020 um das Sechsfache höher liegt, als dies bei der Wirtschaftskrise 2008 der Fall war.
Es gibt auch Personengruppen, die besonders gefährdet sind, so gibt der Bericht an, dass Minderjährige, Alleinerziehende oder Ausländer ein erhöhtes Risiko haben, auf den Kanaren zu verarmen. Selbst eine Arbeitsstelle rettet diese Personengruppen oft nicht davor, so weit abzurutschen. Viele müssen „wählen, in dem Sinne, dass viele Menschen sich entscheiden müssen, ob man etwas Vernünftiges isst oder ob man die Wohnung bezahlt“, so Lorenzo.
Zahlungsrückstände haben 21,6 % der Haushalte auf den Kanarischen Inseln, das sind 140 % mehr als im Jahr 2019. Die Zahl der Menschen, die es sich nicht leisten können eine angemessene Wohnraumtemperatur zu erhalten hat sich auch verdreifacht (+250 %). Bei den Menschen, die es sich nicht erlauben können, jeden zweiten Tag ein gekochtes Gericht mit Fleisch zuzubereiten gab es einen Zuwachs von 106,5 % verglichen zu 2019, aktuell sind dies 7,8 % der Bevölkerung auf den Inseln.
Dies seien „verheerende Daten“ und diese sind „nur mit Extremadura zu vergleichen, da man mindestens 10 Punkte vom spanischen Durchschnitt entfernt liegt“. Unter dem Strich kommen die Studienersteller zu dem Schluss, dass die Kanarischen Inseln etwas zu einem Drittel aus komplett verarmter Bevölkerung bestehen. – TF
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Jeder dritte Einwohner der Kanaren ist von Armut bedroht, vom 15.10.2021
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