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Durch aktive Sterbehilfe starben auf den Kanaren 47 Menschen binnen 3 Jahren

46 Anträge wurden nicht rechtzeitig entschieden.

Lesedauer 5 Minuten

Kanarische Inseln – Seitdem in Spanien das Sterbehilfegesetz in Kraft getreten ist, das war vor gut 3 Jahren, haben auf den Kanarischen Inseln 117 Menschen einen Antrag auf diese Sterbehilfe gestellt. 47 Menschen sind mit der Hilfe des Gesundheitssystems aus den Inseln dadurch gestorben. Davon waren 24 Frauen und 23 Männer. 46 Anträge konnten nicht mehr durchgeführt werden, weil die antragstellende Person noch während der Bearbeitung des Antrages verstarb. 11 Personen haben eine Ablehnung zum Antrag erhalten.

Das durchschnittliche Alter der Menschen, die auf den Kanarischen Inseln von der Sterbehilfe Gebrauch machen, liegt derzeit bei 67 Jahren, wobei die bisher jüngste Person 41 Jahre alt war und die älteste Person 89 Jahre alt. Laut Gesundheitsministerium litten alle Menschen, die den Antrag genehmigt bekommen haben, an einer schweren und unheilbaren Krankheit oder an einer chronischen und behindernden Krankheit, die ihnen „unerträgliche körperliche oder geistige Leiden“ ohne Aussicht auf Besserung bereitete.

Der größte Anteil (24 Personen) litt an neurodegenerativen Problemen und 18 Menschen an Krebs in der Endphase. Zwei Menschen mit extremen Atemwegserkrankungen haben ebenfalls die Sterbehilfe beansprucht. Zudem noch drei mit verschiedenen anderen Krankheiten.

Von den 46 Anträgen, die nicht mehr rechtzeitig beschieden wurden, stammten 33 aus der Provinz Las Palmas und 13 aus der Provinz Santa Cruz de Teneriffa. 27 davon litten an Krebs im Endstadium. Krebspatienten machen den größten Anteil bei den Antragsstellern auf den Kanarischen Inseln aus.

Die elf abgelehnten Anträge erfüllten nicht alle erforderlichen Kriterien, um die Sterbehilfe beanspruchen zu können. Zudem haben sechs Personen den Antrag zurückgezogen, davon fünf noch vor dem zweiten Antrag und eine Person, nachdem die Sterbehilfe gewährt wurde. Weitere sieben beantragten nach der Genehmigung der Sterbehilfe einen Aufschub des eigenen Todes.

Das Gremium, welches die Anträge auf Sterbehilfe bearbeitet und final bescheidet, besteht aus fünf Medizinern, zwei Pflegekräften und fünf Rechtsanwälten. Nur wenn dieses Gremium den Antrag bewilligt, kann die Sterbehilfe nach Gesetz gewährt werden.

Positive und negative Stimmen zur Umsetzung der Sterbehilfe

Das Gesundheitsministerium der Kanarischen Inseln bewertet den Ablauf der Sterbehilfe in den ersten drei Jahren des Gesetzes als „Positiv“. Nahezu „alle Anfragen werden zeitnah bearbeitet, da das Gesetz auch strenge Fristen inkludiert“. Bezüglich der Personen de vor Antragsbescheid starben, gab man an, dass „das Gesetz sehr garantierend ist und alle Fristen eingehalten werden müssen, eine verkürzte Wartezeit ist nicht möglich, weshalb manche Menschen früher sterben“.

Der Verband für ein würdevolles Sterben (DMD) beurteilt das umgesetzte System auf den Kanaren aber eher „mittelmäßig“. Laut Fernando Marín, Arzt und Vizepräsident von DMD, gibt es „auf den Kanarischen Inseln territoriale Ungleichheiten, je nachdem, auf welcher Insel Sterbehilfe beantragt wird“. Er kritisiert, dass fast „jeder Antrag so bearbeitet wird, als würde man das Rad neu erfinden“. Ein Hauptproblem sei es, den „richtigen Fachmann zu finden“, denn ein Facharzt muss den Prozess einleiten und begleiten. „Oft ist es so, dass der Fachmann nicht weiß, was er genau tun soll, was die Antragsstellung verzögert und ein Drittel der Menschen eben noch während der Behandlung stirbt“.

Dem erwiderte das Mysterium, dass ein Unterstützungs- und Schulungsprogramm entwickelt wurde, damit „das Gesundheitspersonal mit Sterbehilfe konfrontiert werden kann und den Menschen, die darum bitten, angemessen helfen kann“. Zudem gäbe es auf den Kanarischen Inseln eine „zentrale Unterstützungseinheit, bestehend aus 14 Personen, die dem Personal unterstützend zur Seite stehen“. Die Ärzte der Inseln schätzten diese Unterstützungseinheit als „positiv ein“.

Beide Seiten sind sich jedoch darüber einig, dass die Bewertungskommission eine gute Arbeit leistet und deren Arbeit wird auch hervorgehoben. „Sie lösen ziemlich komplexe Probleme auf sehr kompetente Weise, anstatt wie in anderen Teilen des Staates viele Leugnungen zu platzieren, weil sie nicht tiefer gehen wollen“, sagt Marín.

Gesundheitspersonal kann Teilnahme an Sterbehilfe verweigern

Das Gesetz sieht zudem vor, dass das Gesundheitspersonal die Teilnahme an einer aktiven Sterbehilfe verweigern kann. Dazu gibt es ein Register, in welches sich jeder Mitarbeiter eintragen lassen kann. Auf den Kanarischen Inseln sind lediglich 324 Personen darin registriert, ein verschwindend geringer Anteil, der in keiner Weise den Antrag auf aktive Sterbehilfe einschränkt.

Für Patienten und Gesundheitspersonal, die an der Sterbehilfe teilnehmen, ist der vom Gesetz vorgegebene Weg klar: Wer um Hilfe beim Sterben bittet, muss zwei Anträge freiwillig und schriftlich stellen, wobei zwischen beiden ein Abstand von mindestens fünfzehn Tagen einzuhalten ist.

Sobald die Anfrage eingegangen ist, führt der verantwortliche Arzt mit dem Patienten ein Beratungsverfahren über Diagnose, Therapiemöglichkeiten und mögliche Palliativversorgung durch. Der verantwortliche Arzt muss den Fall gemeinsam mit einem weiteren beratenden Kollegen bewerten, der zehn Tage Zeit hat, die Einhaltung der Auflagen zu bestätigen.

Wenn der Antrag gesetzeskonform ist, geht er an die Garantie- und Bewertungskommission, die die endgültige Entscheidung trifft. Im Falle einer Ablehnung könne man ordentliche Gerichte einschalten. Im Falle einer positiven Antwort der Kommission kann 30 bis 40 Tage nach dem ursprünglichen Antrag eine Sterbehilfe durchgeführt werden.

Ort des Todes kann gewählt werden

Sterbehilfen können in öffentlichen, privaten oder subventionierten Gesundheitszentren sowie in den Häusern der Menschen durchgeführt werden, die Sterbehilfe erhalten. Soweit es möglich ist, ist es eine Entscheidung des Patienten selbst. Auf den Kanarischen Inseln handelt es sich bei der Mehrheit um Personen, die in einem Krankenhaus gestorben sind.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums fanden von den 47 auf den Kanarischen Inseln durchgeführten Sterbehilfen 27 in einem Gesundheitszentrum statt, 16 in der Provinz Santa Cruz de Teneriffa und 11 in Las Palmas. In seinem privaten Haus erhielten 19 Patienten Sterbehilfe, 13 in Las Palmas und sechs in der westlichen Provinz, zusätzlich zu einer Person, die in der Sozialeinrichtung, in der sie lebte, verstorben ist.

Sterbehilfen haben auch dazu gedient, andere Leben zu retten. Viele der 27 im Krankenhaus verstorbenen Menschen gaben das Sterben zu Hause auf, um nach der Sterbehilfe ihre Organe zu spenden. Insgesamt 13 Patienten haben dadurch anderen Menschen das Leben gerettet. – TF

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