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Erste Tintenfisch-Farm der Welt in Las Palmas ab 2023? – Pro und Contra

Ein kopliziertes Thema für Umwelt und Mensch gleichermaßen.

Lesedauer 3 Minuten

Las Palmas – Seit einiger Zeit gibt es Diskussionen darüber, ob im Hafen von Las Palmas die allererste Oktopus-Farm der Welt gebaut werden soll. Die darin gezüchteten Tiere sollen für die Lebensmittelindustrie bereitstehen. In Spanien ist der „Puplo“ eine wichtige Speise in den Speiselokalen, in diversen Varianten. Damit diese Tintenfisch-Farm überhaupt funktioniert, mussten Jahrzehnte der Forschung vorweg geleistet werden. Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts war es gelungen Oktopus-Nachkommen zu züchten, aber nur wenige der Jungtiere erreichten das Alter eines ausgewachsenen Tintenfischs. Erst im Jahr 2018 wurde der Schlüssel zum Erfolg gefunden, von einem Forscherteam des spanischen Instituts für Meereskunde. Ein neuartiges Protokoll bei der Laven-Kultur der Tintenfische war die Lösung, dies ging sogar so weit, dass eine industrielle Nutzung greifbar wurde.

Der Lebensmittelkonzern Nueva Pescanova hat sich das Patent dafür gesichert und im Juli 2021 beantragte der Konzern eine Baugenehmigung für die kommerzielle Nutzung einer Tintenfisch-Farm im Hafen von Las Palmas de Gran Canaria. In der Farm sollen rund 300 Arbeitsplätze geschaffen werden und sowohl die Hafenbehörde als auch das Cabildo de Gran Canaria unterstützen das Vorhaben von Nueva Pescanova. Aber bis zu 60 Tierschutzorganisationen laufen gegen dieses Vorhaben seither Sturm. Die Argumente sind dabei ziemlich identisch, Tintenfische sind „empfindungsfähige, intelligente, sehr kreative und einzeln lebende Tiere“. Sie seien nicht dafür geeignet, „auf engem Raum mit andren Individuen ihrer Art zu leben“. Für die Tiere würde dies ein „unkalkulierbares Leid“ bedeuten. Zudem sind Tintenfische Fleischfresser, dies würde sich weiter negativ auf die Produktionskosten auswirken, denn auch die Beutefische müssten gezüchtet werden.

Eine Studie in England kam zu dem Schluss, dass eine „Aquakultur mit Tintenfischen unvereinbar ist“, dies deutet an, dass ein mögliches Importverbot für gezüchteten Tintenfisch von Großbritannien verhängt werden könnte. Auch auf Change.org gab es einige Petitionen gegen dieses Vorhaben.

Das Unternehmen im Schulterschluss mit der Politik

Trotzt all dieser Kritik, das Unternehmen Nueva Pescanova hatte am 2. Juli 2021 offiziell den Antrag für diese Farm eingereicht. Die Farm soll auf ein Grundstück am Nelson Mandela Pier mit einer Fläche von 52.681 Quadratmetern errichtet werden und 713 Kubikmeter in den Untergrund reichen. Dafür will das Unternehmen 65 Millionen Euro aufwenden und die Produktion von Tintenfisch soll auf etwa 3.000 Tonnen pro Jahr eingestellt werden. Ursprünglich plante das Unternehmen den Bau jedoch in Santa Cruz de Tenerife, aber die Grundstücklage in Las Palmas war einfach attraktiver.

Der Präsident der Hafenbehörde, Luis Ibarra, sagte damals, dass „diese Aktivität eine zusätzliche Diversität in der Wirtschaft der Kanaren darstellt, damit können neuen Märkte erschlossen werden“. Der Präsident verstünde jede Kritik an dem Projekt, verwies aber auf „entsprechende Umweltgenehmigungen und positive Berichte“, dann kann die Hafenbehörde hier nicht Nein sagen.

Ein weiteres Argument für diese Tintenfisch-Farm ist die Überfischung dieser Art. Die Verfügbarkeit von Oktopus ist in den vergangenen Jahren immer knapper geworden, die Reproduktionsrate der Tiere sinkt stetig. So sei diese Farm „eine Chance“, wie es der Generaldirektor für Fischerei der Kanaren, Carmelo Dorta sagte. In der gesamten EU ist der Fang von 2010 bis 2019 um die Hälfte eingebrochen. Einstige Exportländer wie Spanien, die USA und Japan müssen Oktopus mittlerweile selber importieren, überwiegend aus Westafrika. Allein die Region Galizien importiert heute 20-mal mehr Oktopus als sie aktuell selber fangen kann.

Die gesetzliche Schonfrist der Tiere wurde so verkürzt, dass keine ausreichende Zeit für die Reproduktion bleibt. Statt sechs Monate sind es nun nur noch knapp 1,5 Monate (Mai bis Anfang Juli). Sowohl aus wirtschaftlicher Sicht als auch aus Sicht des Umweltschutzes würde dies nur Vorteile bringen. Zwar hängt die finale Genehmigung an der Generaldirektion für Fischerei, doch seien „einige andere involviert“.

Auch im TV

Vor kurzem erschien auf dem TV-Sender ARTE die Dokumentation „Oktopus aus Massenzucht“, darin hat erstmals ein Team von Journalisten Zutritt zu den Forschungsräumlichkeiten von Nueva Pescanova erhalten. Darin wird auch erklärt. Dass der Regelbetrieb im Jahr 2023 starten soll. Es wird auch erklärt, dass etwa 4 Kilo Fisch verfüttert werden müssen, um 2 Kilo Oktopus aus der Farm zu gewinnen. Wir empfehlen an dieser Stelle, die Dokumentation von ARTE einmal anzusehen, um sich ein Urteil bilden zu können. Es sieht aber alles danach aus, als würde Nueva Pescanova den Regelbetrieb normal aufnehmen können. Leider ist die Doku online nicht mehr verfügbar! – TF

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